Übles Didgeridoo 🤮 Heiliges Didgeridoo 😇
Hinweis: Kauflinks verweisen auf Amazon-Angebote, die mir eine kleine Provision bezahlen, um meinen Kanal/Website zu unterstützen.Wanderjahre... Ich war gerade aufgebrochen, um mehrere Jahre auf den Straßen Europas als Straßenkünstler zu überleben. Freiburg zählte zu meinen Lieblingsstädten, da es hier sehr freundliche und gut gelaunte Menschen gibt und außerdem sind Frankreich, die Schweiz und Italien nicht weit weg. Meist spielte ich auf der "Kajo", also der "Kaiser-Joseph Straße". In Freiburg konnte man damals spielen, wo man wollte, jedoch nur innerhalb eines bestimmten Zeitfensters.
Freiburg
Wenn es regnete, spielte ich auch schonmal im Tunnel, der in Richtung Bahnhof führt. Dort gab es eine tolle Akustik, da die Schallwellen von der harten Oberfläche der Wände reflektiert werden und zu einem zurück kehren. Dadurch hört man sich selbst besser und der Klang verteilt sich auch sehr gleichmäßig und erfüllt den Raum. Aber hier gab es auch Konkurrenz seitens der Russen. Die waren teilweise sehr stur und unkollegial.

Freiburg hat schöne Ecken, wie die Fischerau...
Einmal saß solch ein russischer Akkordeonspieler an meinem Lieblingsplatz. Ich sprach ihn an, wie lange er noch zu spielen gedenke und er antwortete mir, dass danach sein anderer Kollege käme, "Russisches System" nannte er es. Ich sagte ihm, dass mir sein russisches System egal sei und ich spielen würde, sobald der Platz frei würde. Ich hatte mich an den rauen Ton der Straße bereits gewöhnt, der mich anfangs überraschte. Aber es herrscht auch bei Straßenmusikern manchmal ein starker Konkurrenzkampf. Nichts von wegen "Wir sitzen alle in einem Boot und halten zusammen", wie ich es mir ausgemalt hatte.

Freiburg Gerberau...

Weil in Freiburg früher viel gegerbt wurde (Lederverarbeitung), floss "Das Bächle" durch die Stadt, um die stinkenden Abfälle wegzuspülen. Heutzutage ist es einfach nur schön anzusehen. Wer versehentlich in das Bächle tritt wird eine Freiburgerin heiraten, so die Legende.
Die Polizei war natürlich ein weiterer Gegenspieler, die mich trotz wiederholter Regelverstöße immer freundlich behandelte und nie ein Bußgeld verhängte. Das ging nicht allen so. Sie machten sich bei jedem Regelverstoß eine Notiz, z.B. "Außerhalb der vorgeschriebenen Zeit Musik gemacht." Andere Regelverstöße gab es bei mir nicht, da ich ohne Verstärker arbeitete, was auch nicht erlaubt ist.
Heiliger Klang
Ich spielte mal wieder auf der Kajo unter den Arkaden, aber raus auf die Straße, wo sich eine größere Menschenmenge gebildet hatte. Da ich sehr perkussiv, also rhythmisch spielte, wippten die Leute mit den Füßen oder bewegten ihre Oberkörper leicht hin und her. Damals war ein Didgeridoo noch etwas Besonderes und wer das Instrument beherrschte und pausenlos, ohne abzusetzen darauf spielte, wurde richtig bewundert.
Meine Didgeridoo Website ► richydidge.de

Die "Kajo" in Freiburg. Links die Arkaden, wo ich spielte.
Die sogenannte Zirkularatmung galt als etwas ganz Besonderes, dabei können das Goldschmiede auch und auch manche Saxophonspieler. Beim Dudelsack erledigt das der Balg, der regelmäßig mit Luft gefüllt wird. Beim Didgeridoospieler bildet der Mundraum dieses Luftreservoir, das leider wesentlich kleiner ist und ständig wieder aufgefüllt werden muss.
Jedenfalls waren die Leute gut drauf und warfen mir großzügig Geld in meine Schale, als ein Mann mit langen schwarzen, etwas gelockten Haaren und Bart nach vorne bis an mein Didgeridoo trat, mich kurz anlächelte und dann einen dunklen Edelstein vor die Öffnung des Didgeridoos hielt. Jemand fragte ihn, was er da mache und er erklärte, der Klang des Didgeridoo sei heilig und er würde damit "seinen Stein wieder aufladen". "Ach herrje...", dachte ich so bei mir, während ich weiter spielte.
Übler Klang
Vor mir war ja die Kajo, die Straßenbahn u.s.w., hinter mir waren mehrere Ladengeschäfte in den Arkaden. Der Mann hatte inzwischen seinen Stein mit meinem heiligen Klang aufgeladen, als eine junge Frau sich schräg vor mich stellte und offenbar mit mir reden wollte. Das kannte ich schon. Meist sprachen sie ihre Bewunderung aus, steckten mir Zettel mit Adresse und Telefonnummer zu oder sprachen Englisch mit mir, da sie mich für einen Australier hielten. Manchmal machte ich das Spiel aus Gaudi mit und antwortete in breitem australischen Englisch. Eine wollte sogar wissen, dass ich ein wiedergeborener Ureinwohner war. Was die Leute sich halt so zusammen fantasieren.
Also unterbrach ich mein Spiel, um zu hören, was die Frau zu sagen hatte. Sie entschuldigte sich und meinte, sie würde mein Spiel schätzen und hätte eigentlich nichts dagegen, aber ihr sei so schlecht vom Klang meines Instruments, dass sie befürchtete, sich bald übergeben zu müssen. Jetzt erst bemerkte ich ihren gequälten Gesichtsausdruck und realisierte, dass sie es wirklich ernst meinte. Ich hatte mal in Montpellier eine junge Frau zum Weinen gebracht und in Mainz wollte mich mal einer erschießen.
Aber dass jemandem durch meine Musik so übel wurde, dass er sich übergeben müsste, war mal etwas Neues. Ich nahm es als Kuriosität in meine Erinnerungen auf, erklärte dem Publikum, dass ich umziehen würde und packte meinen Kram zusammen. Ich hatte ja schon gut verdient und einen Stein mit meinem "magischen Klang" aufgeladen. Also was solls.
Vorgelesen von Richy Schley
