Didgeridoo gegen Hunde

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Wenn man unterwegs ist, wirkt so ein 1,30 großer "Knüppel" schon von sich aus bedrohlich und obwohl das Didgeridoo eigentlich nur friedlich eingesetzt wird, hat es optisch eine schützende Wirkung. Viele wissen vielleicht gar nicht, dass es ein Musikinstrument ist und sehen nur diesen langen, ziemlich stabil wirkenden, dicken Ast und stellen sich vor, wie er auf ihren Schädel niederkracht.

didgeridoo sammlung

Aber das sind nur Fantasiegebilde. Tatsächlich war ich durch einen glücklichen Zufall in Valencia gelandet. Diese Reise kam einige Jahre nach meinen Wanderjahren und ich wohnte schon in Darmstadt. Ich hatte wohl noch irgendwoher eine Restzahlung zu erwarten, hatte diese aber völlig vergessen, als ich zum Bargeldautomaten ging und mal sehen wollte, ob noch Geld auf dem Konto ist. Ich wunderte mich, dass überhaupt Geld herauskam und checkte dann den Kontostand. Wow! Über 600 Mark! Wo kamen die denn her? Und dann fiel es mir wieder ein.

Bus nach Spanien

Ich musste mich erstmal setzen, ging also in ein Café und brütete so vor mich hin, was ich denn mal anstellen könnte. Geld war für mich immer ein Mittel, um etwas in Bewegung zu setzen, nicht, um es zu vergraben. Das hatte mich meine Kinderbibel schon gelehrt. Da ging es um einen Vater mit drei Söhnen, denen er Geld gab. Einer grub es aus Angst ein, der zweite investierte ein bisschen, der dritte riskierte viel. Der Gewinner war der dritte Bruder. So geht christliche Früherziehung 😉

Jedenfalls kam es mir in den Sinn, zu verreisen. Aber nicht, um Urlaub zu machen, sondern um ein Abenteuer zu erleben. Mir war eine Werbung für Busreisen aufgefallen. Die hatten ziemlich günstige Tarife. Das wollte ich mir mal anschauen. Ich trank meinen Kaffee aus und lief zu diesem Reisebüro. Da gab es echt günstige Angebote... 59 Mark nach London war die Preislage. Oh, Valencia auch kaum teurer. Wo war jetzt nochmal Valenica? Ah, ungefähr auf der Höhe von Mallorca, aber auf dem Festland. Da ich nie vorher in Spanien war, außer mal als kleines Kind, gefiel mir die Idee. Ich kaufte das Ticket.

valencia

Am nächsten Morgen ging es schon los! Ich packte meinen Standard Rucksack mit 60 Litern, Klamotten, Waschzeug, Schlafsack aber kein Zelt, weil Spanien war um diese Jahreszeit sehr warm. Was brauchte ich da ein Zelt? Allerdings hatte ich immer einen leichten Poncho dabei, den ich zur Not als Zelt aufstellen konnte. Und natürlich nahm ich das Didgeridoo mit und eine Schale für das Geld. Der Bus fuhr in Frankfurt los und war voll ausgebucht. Also viele Menschen dicht gedrängt. Eigentlich nicht mein Ding. Aber ich hatte eine attraktive und auffällig kleine Sitznachbarin mit brünetten, lockigen Haaren. Sofort fielen mir ihre Hände auf. Ob das wohl eine Krankheit war? Ihre Hände sahen aus, wie von einem Gorilla. Alles voll Hornhaut und dicker Schwielen.

Weltmeisterin

Natürlich war ich neugierig und wir begannen ein Gespräch. Sie war sehr freundlich, sprach deutlich aber leise. Wir sprachen Englisch, da sie eine Spanierin war. Nachdem sich ein guter Redefluss eingestellt hatte, sprach ich sie auf ihre Hände an. Ihre Erklärung war überraschend einleuchtend: Sie war eine professionelle Kletterin! (Es war Silvia Vidal * 17.12.1970 in Barcelona). Achso... jetzt verstand ich es. Ihr geringes Körpergewicht und ihre drahtigen Muskeln verschafften ihr natürlich ein optimales Gewicht-Leistungsverhältnis. Deshalb war sie auch so gut, in dem, was sie tat.

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Silvia Vidal, Big Wall Kletterin...

Sie erzählte mir von Wettbewerben und konnte über die Schwierigkeitsgrade nur lächeln. Erst jenseits der höchsten Grade fing für sie der eigentliche Spaß an. An Wettbewerben nahm sie jedoch trotzdem Teil, des Geldes wegen. Die machte sie nur für ihre Sponsoren, mit denen sie vertraglich vereinbart hatte, an diesen teilzunehmen und wahrscheinlich auch, diese zu gewinnen. Weltmeisterin sei sie auch. Das alles erzählte sie sehr entspannt und ohne emotionale Beteiligung. Sie schien mir irgendwie weit weg zu sein und gleichzeitig sehr präsent und in ihrer Mitte ruhend, als hätte sie das Lebenselixier oder den heiligen Gral gefunden oder sowas. Eine sehr beeindruckende und inspirierende Frau mit extrem großer Willensstärke.

Website von Silvia Vidal

Ratten

Silvia stieg in Barcelona aus, ich fuhr weiter nach Valencia. Ich lief in Richtung Innenstadt, kam an herrlich duften Büschen und Bäumen vorbei, sah die abendlichen Sportler trainieren oder Fussball spielen. Es war eine tolle Atmosphäre, die vor Lebenslust, Lebensfreude und Gesundheit strotzte. Aber auf eine freundliche Art. Ich erreichte ein riesiges Einkaufszentrum, das ich betrat. Alles war hier gigantisch groß, auch das McDonalds. Was soll's, für einen kleinen Happen wäre es schon ok. Besonders nach der langen Fahrt wollte ich nur schnell meinen Hunger stillen.

Nach dem Abendessen war es schon ziemlich dunkel geworden. Ich beschloss, mich in der Nähe umzusehen und irgendwo mein Lager aufzuschlagen, bzw. meine Isomatte auszurollen und mich in meinen Schlafsack zu kuscheln. Da es warm war, hatte ich nur einen dünnen Sommerschlafsack dabei, der genau richtig war.

ratte

Der Boden war ziemlich flach, hier und da ein paar Äste und Steine, die ich entfernte. Und dann schlief ich auch schon ein. Ich erinnerte mich noch an das angenehme Gespräch während der Busfahrt und freute mich auf den neuen Tag in Valencia. Die gute Seeluft ließ mich tief und ruhig schlafen, als ich plötzlich erschrak. Etwas hatte mich berührt... Ich schreckte hoch und griff nach der Taschenlampe, die immer in der Nähe war, falls ich mal musste. Ich leuchtete in die Nacht und wollte meinen Augen nicht trauen. Da rannten Ratten die Bäume rauf und runter und quer über meinen Schlafsack!

Da ich keine Angst vor Ratten habe, erschreckte mich nicht, dass es Ratten waren, sondern ich war beeindruckt davon, wie schnell die einen Baum rauf und runter klettern konnten. Ich leuchtete auf meinen Schlafsack und jetzt fiel mir auf, dass ich ein Stück Baguette achtlos hatte herumliegen lassen. Das hatte sie natürlich angelockt und musste wie eine Einladung auf sie gewirkt haben. Ich warf es ein paar Meter weit weg, wünschte den Ratten eine gute Nacht und schlief weiter.

Streunende Hunde

Am Morgen sollte es nun endlich nach Valencia gehen. Hier wurde enorm viel gebaut. Riesige Wolkenkratzer, gigantische Wohntürme ragten steil in der Himmel. Viele waren noch nicht fertig gestellt. Offenbar herrschte hier Aufbruchstimmung. Das war Anfang der 2000er. In der Stadt war viel los. Sogar ein Feuerwerk wurde abgebrannt und alle schrien und grölten aufgegert. Keine Ahnung was das war. Irgendein Anlass. Aber Feuerwerk tagsüber?! Irgendwie sinnlos, dachte ich. Ich hatte auch schon auf Englisch versucht nach dem Weg zu fragen, bekam aber nur Schulterzucken und auf Spanisch "Ich spreche kein Englisch" zu hören.

valencia wolkenkratzer

Komisch, ich dachte Valencia ist eine Großstadt. Immerhin haben die knapp eine Million Einwohner. Wieso können die kein Englisch? Dabei waren das gut angezogene Herren um die 30 bis 40 Jahre alt, die ich gefragt hatte. Merkwürdig. Seltsam war auch, dass sich niemand für meine Musik interessierte. Nur eine junge Frau sprach mich in Englisch an und meinte, sie wäre gerade in Australien gewesen und hatte dort zum ersten Mal dieses Instrument gehört.

Und nachmittags war dann Siesta. Niemand mehr auf den Straßen. Angesichts der großen Hitze durchaus sinnvoll, aber für mich eine ganz neue Erfahrung. So schlenderte ich durch die Stadt, war aber nicht sonderlich beeindruckt. Es war ziemlich sauber, wenige Obdachlose, einige kleine Parks. Dann wurde es Abend und ich beschloss, dieses Mal am Strand oder zumindest in der Nähe des Meeres zu schlafen.

hund zähne

Es war schon dunkel, als ich durch ein Neubaugebiet lief. Überall Bauzäune, schwere Maschinen, Bauwagen. Es roch nach Bausand, eben nach Baustelle. Und wie aus dem Nichts kamen auf einmal drei oder vier Hunde um die Ecke gebogen. Vielleicht waren es streunende Hunde oder vielleicht sollten sie die Baustelle bewachen. Jedenfalls waren sie nicht freundlich und hatten nicht vor, mit mir zu spielen. Da ich ihren Jagdinstinkt nicht wecken wollte, ging ich langsam weiter und versuchte unbeeindruckt zu wirken. Sie bellten immer lauter und kamen immer näher.

Da erinnerte ich mich, dass Hunde immer ängstlich reagierten, wenn ich durch das Didgeridoo bellte. Das Didgeridoo erzeugt viele Obertöne und es entsteht ein unheimlich wirkender Ton, den die Menschen meist interessant und angenehm finden. Nicht aber die Hunde. Ich nahm mein Didgeridoo, richtete es auf die Hunde und spielte und bellte. Diese bremsten sofort ab, stellten verwundert die Ohren hoch, begannen zu winseln, zweifelten erst und ergriffen dann die Flucht. Gott sei Dank. Mir fiel ein Stein vom Herzen. Ich zog weiter zum Meer und hatte eine ruhige und friedliche Nacht ohne Ratten und ohne Hunde.

Barcelona

strassenkunst

Auf der Rückfahrt mit dem Zug schaute ich mir Barcelona an und landete abends direkt auf der Rambla. Dort gibt es auf 2 Kilometern Straßenkünstler aus aller Welt. Ein berauschendes Fest voller Kunststücke, Farben und Verrücktheiten. Ich hockte mich direkt auf die Straße und begann zu spielen. Innerhalb weniger Minuten hatte ich 20 Mark zusammen. Was für eine Energie! Das nächste Mal würde ich direkt nach Barcelona fahren, was ich dann 2004 auch tat. Und zwar mit einem fuffziger Vespa Motorroller. Hin- und Rückfahrt dauerten je zwei Wochen...

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Kommentiert von Richy Schley Die Barcelona Tour 2004 mit einer alten 50er Vespa und Anhänger.

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Vorgelesen von Richy Schley

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